Eighties // Expressiv – Kunst aus der Sammlung Grässlin
05.10.2025 - 01.02.2026
Als Abschluss einer Ausstellungstrilogie, die ein Schlaglicht auf die Entwicklung der Malerei im 20. Jahrhundert wirft, nimmt diese Schau die 1980er und 1990er Jahre in den Fokus. 2022 wurde im Museum Peter August Böckstiegel die Kunst des Informel vorgestellt, die gegenstandslose und gestische Malerei der 1950er und 1960er Jahre. Es folgte 2024 eine Ausstellung des dänischen Künstlers Asger Jorn und seiner nordisch-mystischen Bildwelten, die bei aller Nähe zur Abstraktion stets der Figuration verbunden bleiben.
Die im Herbst 2025 ausgestellten Werke stammen aus der international renommierten Sammlung Grässlin, beheimatet in St. Georgen im Schwarzwald. Dort trugen der Unternehmer Dieter Grässlin und seine Frau Anna in den 1970er Jahren zunächst Werke der „informellen“ Nachkriegskunst zusammen. Anfang der 1980er Jahre begannen ihre Kinder, Künstler:innen ihrer Generation zu sammeln. Wie ihre Eltern suchten sie ganz bewusst die Auseinandersetzung mit dem Zeitgenössischen, wobei das Sammeln dieser Kunst ein durchaus riskantes Unterfangen war: Denn diese Bilder und Skulpturen waren keineswegs gefällig, die Künstler in ihrem Auftreten nicht unumstritten. Zu dieser Zeit und an mehreren Orten in der Bundesrepublik, so in Köln, Hamburg und Berlin kamen Gruppen von Maler:innen zusammen und stillten den von der Kunstkritik ausgemachten „Hunger nach Bildern“ – so der Titel eines frühen Buches über die Kunst dieser Zeit.
Die Bilder der in der Sammlung Grässlin vertretenden Künstler Werner Büttner (*1954), Martin Kippenberger (1953-1997), Albert Oehlen (*1954) und Markus Oehlen (*1956) wie auch die plastischen Arbeiten von Günther Förg (1952-2013), Georg Herold (*1947), Meuser (*1947) oder Reinhard Mucha (*1950) wurden als sperrig und anmaßend empfunden: Sie verbindet ein zunächst konzeptueller Zugang zu Fragen der Kunst – besonders der zu dieser Zeit „totgesagten“ Malerei. Ihre Werke widersprachen durch ihre Beschäftigung mit Phänomenen der Alltagskultur sowie durch ihren kritischen Blick auf die Zeitgeschichte und gesellschaftliche Entwicklungen, aber auch durch ihre ironische Wendung und gewollte Provokation dem bürgerlichen Kunstverständnis – zudem waren sie in einer roh-exzessiven, bewusst „schlechten“ Malerei ausgeführt. Werner Büttner sagte dazu: „Was sollte man in dieser Zeit als junger Künstler tun? Uns fiel nur ein, genau das Gegenteil von dem zu machen, was angesagt war. Das war die Malerei, aber nicht gut, schön und wahr in den klassischen Kategorien der Renaissance, sondern ‚Bad Painting‘ als Ausdruck der fiesen Wirklichkeit.“ Heute sind diese Künstler und ihr Schaffen international anerkannt und der so charakteristische Schwerpunkt auf dieser Facette der Malerei der 1980er prägt die inzwischen ebenso internationale Wahrnehmung der Sammlung Grässlin bis heute.
Seit Anfang der 1990er Jahre und bis heute wird die Sammlung Grässlin durch internationale Positionen einer erneut jüngeren Generation ergänzt, darunter mit Werken von Cosima von Bonin, Tobias Rehberger, Christopher Williams und Heimo Zobernig mit dem Ziel, Schlüsselarbeiten aus jeder Werkphase der gesammelten Künstlerinnen und Künstler zusammenzutragen. Dies umfasst auch raumgreifende Installationen oder Werkgruppen, die mehr in den Museumskontext als in eine Privatsammlung passen. Und so war es für die Familie Grässlin nur konsequent und wichtig, durch die Errichtung des „Kunstraum Grässlin“ im Jahr 2006 in St. Georgen die Sammlung durch wechselnde Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Seit 1995 besteht das Projekt „Räume für Kunst“, das verschiedene, über die Stadt verteilte Kunsträume wie beispielsweise den Plenarsaal des Rathauses, den Stadtgarten, den Bahnhof oder die privaten Wohnräume der Familien Grässlin als Ausstellungsorte nutzt. Der Museumsbesuch wird so zum Stadtspaziergang und zu einem einmaligen Erlebnis, zeitgenössische Kunst von internationalem Format in pittoresker Schwarzwald-Idylle zu sehen. Die Sammlung Grässlin ist dabei inzwischen zu einer Art Kollektiv geworden, an dem drei Kinder von Dieter und Anna Grässlin – Bärbel und Sabine Grässlin sowie Karola Kraus – beteiligt sind und in dem sich ihre ganz eigenen Positionen widerspiegeln.
Die Ausstellung zeigt rund 80 Werke. Eine Publikation ist in Planung, ebenso ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie ein Ausstellungsfilm.