„Ins Grüne I“ – Linda Nadji

22.06.2025 - 14.09.2025

Im Sommer 2025 zeigt das Museum Peter August Böckstiegel mit der von Susanne Kleine und David Riedel kuratierten Ausstellung „Ins Grüne I“ die erste Ausstellung eines Projektes, das in unterschiedlicher Form in den kommenden Jahren den Museumsgarten bespielen wird.


Linda Nadji widmet sich in der ausgestellten Arbeit „Meanwhile II“ von 2022 einem Objekt aus unserem (weitläufiger gedachten) Lebensumfeld – Hochsitze, die aus dem eigentlichen Kontext genommen und als bearbeitete Readymades in architektonischer Doppelform über eine goldfarbene Beschichtung umgewertet werden. Die beiden feingliedrigen Metallkonstruktionen, die in einem engeren Abstand zueinander installiert sind, ergänzen die ursprüngliche Funktion der Beobachtung in die Ferne um die Möglichkeit des näheren Betrachtens, da das Moment eines möglichen Dialoges mitgedacht und angeboten wird. Wird auf einem Hochsitz üblicherweise nicht verbal kommuniziert, um die beobachteten Tiere nicht zu verschrecken, ist hier, im musealen Kontext, Kommunikation erlaubt und erwünscht: Man kann den Quader mit Sitzbank über eine Leiter erreichen, mit einer anderen Person „auf Augenhöhe" auf dem zweiten Hochsitz kommunizieren oder über den Perspektivwechsel reflektieren – begibt man sich doch auf eine andere, höhere Ebene. Das Einnehmen des erhöhten Sitzes ist oft also eng verbunden mit einer autoritären Herrschaftssymbolik und auch die Nobilitierungsgeste der Vergoldung unterstreicht die mögliche Machtdemonstration. Sehen und gesehen werden, aber auch exponiert sein oder (hilflos) ausgeliefert sein sind Teil des Werkgedankens. Das Moment des Performativen, der aktive Umgang mit der Skulptur ist eine künstlerische Addition, die neben der formalen Bildsprache über Fragen von Bedeutungsebenen, Werten, Perspektiven oder Wahrnehmung nachdenken lassen.


Mit einem speziellen Blick auf den Ort und den Expressionismus hat die Künstlerin in Zusammenarbeit mit der Textilkünstlerin Katja Nysten eigens für das Museum sechs wattierte Decken geschaffen, die von Motiven des Elternhauses von Peter August Böckstiegel inspiriert sind. Im Maßstab 1:1 treten Tradition und Zeitgenossenschaft sowohl im Handwerk, als auch visuell in einen Dialog: Die Eingangstür, das flache Unterteil eines Garderobenschrankes, eine westfälische „Hochzeitstruhe“ und der zweiteilige Küchenschrank, den Peter August Böckstiegel künstlerisch gestaltet und seiner Frau Hanna 1919 zur Hochzeit geschenkt hat, kommen in der Übertragung in ein anderes Material und in eine andere Funktion aus dem Innen- in den Außenraum – und laden damit ebenfalls zum Perspektivwechsel ein. Gemeinsam oder allein, in der Nähe der Museumsgebäude oder im satten Grün, mit Picknick oder einem Buch, die Decken führen Böckstiegels private Lebenswelt und seine Heimat – die wichtigste Inspirationsquelle des Malers und Bildhauers – zusammen. Die Decken können an der Kasse ausgeliehen und im Außengelände des Museums genutzt werden.

  • Frühere Installation von Linda Nadjis „Meanwhile II“, Foto: J. Bendzulla
Geschlossen
Öffnet am 18.06.2025 um 12:00 Uhr