„Dunkle Jahre, voller Farben – Peter August Böckstiegel 1933-1945“ // Mia Weinberg: „Fractured Legacy“
09.07.2020 - 06.02.2021
Zum ersten Mal werden die Gemälde Böckstiegels aus der Zeit des Nationalsozialismus in einer Ausstellung präsentiert und in den geschichtlichen Kontext gesetzt, daneben trifft im Museum Peter August Böckstiegel zum ersten Mal der Westfälische Expressionismus auf zeitgenössische Kunst. Dabei bildet die Präsentation der Werke Peter August Böckstiegels (1889-1951) den Schwerpunkt: Anhand von rund 70 Werken aus den Jahren von 1933-1945 soll die künstlerische Entwicklung Böckstiegels aufgezeigt und seine Biografie illustriert werden. Gleichzeitig untersucht die Ausstellung in welcher Situation sich der „Westfälische Expressionist“ mit Blick auf die Kunstideologie und -politik der NS-Diktatur im „Dritten Reich“ befindet und positioniert. Während dieser Zeit musste Böckstiegel schon früh die Verfemung seiner Kunst als „entartet“ und die Ausgrenzung im Kunstleben seiner Wahlheimat Dresden erdulden. Dennoch blieb er künstlerisch tätig und nahm in kleinerem Umfang an öffentlichen Ausstellungen teil. Wenige Male erhielt er sogar öffentliche Aufträge.
Schon vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Situation war Böckstiegel gezwungen, weiterhin als Künstler tätig zu sein. Er musste jedoch sein Schaffen, aber vor allem seine Überzeugungen und seine Rolle als Künstler hinterfragen – dies gelang ihm, ohne sich in diesen Jahren den neuen Machthabern politisch anzubiedern oder seinen Stil dafür radikal umzustellen. Beispielhaft zeigt die Ausstellung dies an einem der zentralen Themen in Böckstiegels Kunst: das bäuerliche Leben und der ländliche Raum. Gerade diese Themen erfuhren in den 1930er-Jahren eine neue, politisch eingefärbte Wahrnehmung und so musste auch Böckstiegel in seiner Kunst darauf reagieren. Er milderte den Expressionismus seiner früheren Jahre ab und näherte ihn einer realistischeren Malweise an. Frühere Werke gelangten so nicht mehr an die Öffentlichkeit, für viele Jahre spielten Stillleben und Landschaften vor den früher für den Künstler so wichtigen Bildnissen eine zentrale Rolle in Böckstiegels Werk. Die Ausstellung wird ermöglicht durch Dokumente, Briefe und Fotografien aus dem Kreisarchiv Gütersloh und Leihgaben aus privaten und öffentlichen Sammlungen.
Zweiter Teil der Ausstellung ist die multimediale Installation „Fractured Legacy“ von Mia Weinberg im „Studio“ des Museums. Damit wird erstmals im Museum Peter August Böckstiegel auch eine zeitgenössische Position präsentiert. Das Werk hat inhaltlich und bildsprachlich – die Künstlerin ist eine Nachfahrin der mit dem Künstler befreundeten, jüdischen Familie Weinberg aus Werther – vielfältige Beziehungen zu Böckstiegel und thematisiert die Rolle und Verfolgung der eigenen Familie. „Fractured Legacy“ ist damit ein facettenreicher, zeitgenössischer Blick auf diese „dunklen“ Jahre. Die gemeinsame Herkunft aus Werther ist ein weiteres verbindendes Element beider Positionen.
Die Ausstellung erhält eine großzügige Förderung durch das Förderprogramm vital.NRW des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Zur Ausstellung erscheint ein zweibändiger Katalog.