Erich Kuithan - Ein Bielefelder Künstler zwischen Jugendstil und Expressionismus
22.10.2023 - 28.01.2024
Zum ersten Mal seit 1918 zeigt eine Ausstellung das Werk des 1875 in Bielefeld geborenen Künstlers Erich Kuithan in seiner westfälischen Heimat. Es ist die Wiederentdeckung eines zu Unrecht wenig bekannten Künstlers – Maler, Grafiker, Gestalter und Lehrer – dessen stilistische Entwicklung eine Brücke zwischen Jugendstil, Symbolismus und der Moderne des frühen 20. Jahrhunderts schlägt.
Kuithan verbrachte die wesentlichen Jahre seines Lebens in Jena. Anlässlich seines 100. Todestages im Jahr 2017 richteten die Kunstsammlungen der Stadt eine große Einzelausstellung aus, dort wird mit über 600 Werken der größte Bestand seiner Werke verwahrt. In seiner Geburtsstadt Bielefeld ist Kuithan nach seinem frühen Tod dagegen in Vergessenheit geraten.
Er absolvierte seine künstlerische Ausbildung an der angesehenen Kunstakademie München. Ab 1893 besuchte Kuithan die Malklasse von Karl Raupp und traf zwei Jahre später im oberbayerischen Schliersee auf den Maler Karl Haider, dessen Landschafts- und Figurenbilder ihn in seinem frühen Schaffen nachhaltig beeindruckten. Nach ersten Erfolgen auf Ausstellungen und als Illustrator zog er 1903 nach Jena, wo er zum Leiter der Zeichenschule der Carl-Zeiss-Stiftung berufen worden war. Für Kuithan begann dort eine intensive Phase des Schaffens, gleichzeitig war er mit Intellektuellen, Industriellen und Künstlerfreunden maßgeblich daran beteiligt, Jenas Ruf als Kunststadt zu begründen. Seine oftmals idealistischen Bilder zeigen Menschen, mitunter als allegorische Gestalten, am Strand oder in Frühlingslandschaften, in denen man Landstriche des Saaletals wiedererkennen kann. Der bevorzugte Themenkreis bleibt der Mensch – im Besonderen der weibliche Akt.
1911 erhielt er einen Ruf an die Berliner Königliche Kunstschule. Es ist der Beginn einer neuen Phase in Kuithans Werk, in der er immer stärker von seinen jungen Schülern inspiriert wird, die auf ihrem Weg in die künstlerische Moderne bereits mit reinen Lokalfarben und starken Kontrasten arbeiteten. Von einer Tuberkulose-Erkrankung geschwächt, musste er seine Aufgaben ab dem Jahr 1914 ruhen lassen und zog im Herbst 1916 mit seiner Familie zurück nach Jena. Dort malt er, schon ans Bett gefesselt, seine letzten Bilder und stirbt am 30. Dezember 1917.
Erich Kuithan ist ein Maler zwischen den Jahrhunderten, dessen Werk sich um 1900 eigenständig und ohne eine eindeutig mögliche Zuordnung zwischen Jugendstil, Symbolismus und Expressionismus entwickelt. Als Retrospektive angelegt, gibt die Ausstellung im Museum Peter August Böckstiegel einen Überblick über alle Schaffensphasen des Künstlers und versammelt dazu eine Auswahl von etwa 75 bildnerischen Werken aus dem Nachlass. Porzellane aus dem Bestand des Stadtmuseums Jena und private Leihgaben komplettieren die Schau. Auf diesem Weg ermöglicht das Museum Peter August Böckstiegel eine umfassende Neu- und Wiederentdeckung von Erich Kuithan – und bringt mit symbolistischer Kunst und den Ideen des Jugendstil weitere Facetten der Kunst der Moderne nach Werther.
Die Ausstellung wird gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW.